Auf dem Versandhandelskongress 2009 waren speziell Twitter und Facebook in vielen Vorträgen prominent vertreten. Viele Referenten rieten ihrem Auditorium schlichtweg – los anfangen! Dem möchte ich mich grundsätzlich anschließen. Dem wohlgemeinten Aktionismus möchte ich allerdings nicht folgen, vielmehr ist es auch in diesem „fast neuen“ Bereich angebracht, sich erst einmal zu überlegen, warum der gute, alte Sesamstraßen Slogan „wieso, weshalb, warum“ auch hier seine Gültigkeit hat.
Wieso twittern? „Weil alle es machen!“ – ist kaum der richtig Ansatz.
Weshalb ein Facebook-Profil? „Weil Facebook extrem wächst!“ – damit macht Facebook noch lange keinen Sinn für jeden.
Warum nicht beides miteinander verknüpfen? Weil es Sinn macht! Aber dazu später.
Web2.0 und sein Arbeitsaufwand sollte stets im Vorweg mit den eigenen Zielen, monetär und nicht-monetär abgestimmt werden. Eine „erst die Arbeit und dann..“ Strategie hilft vielen nicht weiter.
Klar, Erfahrungen lassen sich schon sammeln und sie helfen, Budgets und Nachtschichten zu rechtfertigen, allerdings kann man sich den Zusatzaufwand auch sparen, wenn man klar seine Ziele umreißt und den eigenen Web2.0 Einsatz plant.
Fangen wir mit Twitter an. Das heiter vor sich hin zwitschernde Micro-Blogging System hat in den letzten Monaten viele neue Sangeskünstler gewonnen. Nicht nur bei Privatleuten, sondern auch im Business-Bereich. Nehmen wir den Standard-Geltungsbedürftigen Privat-Twitter-User als Einstieg. Der Klassiker morgens „Ich brauch Kaffee!“ oder eben gerade „Ich will Pizza und zwar sofort!“ Ganz ehrlich und selbstkritisch – wer braucht diese hirnlose Scheiße – um es einmal ganz deutlich zu schreiben, weder ein Mensch, noch das Internet selbst. Selbst „Hört auf, „Kaffee“ zu twittern ist Lebenszeitverschwendung!“ Analog Pizza pro oder contra – selbst bei Hunger.
Wenn ich also den Ansatz auf das Business übertrage, kommen sinnfreie Kommentare daher wie, „Gleich Meeting mit dem Marketing!“ oder „Reinemachfrau hat wieder einen sauberen Job gemacht“ heraus. Brüller, ich weiß!
Das bringt weder die Umsätze nach vorn, noch das Image des Unternehmens voran.
Okay, nun weiß der geneigte Leser, wie es nicht geht. Viel spannender wird es ja, wenn man statt der o.s. Nörgeleien einen best practise case bringt, der das Gegenteil begelegt. Here we go:
Wenn ich eine zielgerichtete Kommunikation mit meinen Followern betreibe, die klar und unmissverständlich meiner Strategie folgt, kann ich twitter direkt zu Geld verdienen einsetzen! Glauben Sie nicht, doch klappt wirklich.
Ein Beispiel aus unserem eigenen Haus. Seit März dieses Jahres produzieren wir unsere eigene Street-Fashion unter dem Label RED LIGHT DC, raw & authentic! Vertrieben wird diese u.a. über unseren Online Shop www.rocknshop.de, der auch Marken wie Rock Am Ring, Wacken Open Air oder auch Merchandise des FC St Pauli anbietet.
Von Mode haben wir (noch) gar nicht so viel Ahnung und folgen seit dem Start dieses Projektes nur unserem logischen Menschenverstand: was unsere Zielgruppe mag, wissen wir, das ein richtiger Designer deutlich schönere Designs als wir selbst hinbekommt, ist klar. Beste Qualität ist die Grundvoraussetzung! Mit diesen drei Elementen und Twitter haben wir erst einmal losgelegt und zwar strategisch!
Von Anfang an haben wir zielgerichtet unsere Kunden über die Arbeit im Bereich Red Light DC mittels Twitter informiert. Schnell bekamen wir Hinweise aus der Zielgruppe. Hinweise, was wir besser nicht machen oder worauf wir uns konzentrieren sollten. Interessante Beiträge zu einzelnen Entwürfen waren stets gern gesehen, aber auch Hinweise wie: „Warum gibt’s schwarze Shirts!“ kamen uns schon echt skuril vor, schließlich ist unser Sortiment fast nur schwarz und unsere Zielgruppe tickt auch sehr dunkel! Wieso kommen unsere Kunden auf Farben wie rot, gelb oder olive? Gar „weiss“ wurde gefordert. In der Produktentwicklung konnten wir dieses frühzeitig berücksichtigen, so dass die erste Red Light DC Kollektion wahrhaftig bunt ausfiel, was wir nie für möglich gehalten hätten!!! Twitter sei dank, konnten wir Potentiale aufdecken, die uns sonst verborgen geblieben wären – und den Umsatz haben wir gern mitgenommen! Da wir die nützlichen Tipps unserer Kunden nicht nur in diesem Fall wirklich zu schätzen wissen, haben wir auch die Erst-Disposition der Shirts (!) von unseren Kunden machen lassen. User generated content ist das eine, aber das andere ist die direkte Mitbestimmung in der Farb- und Mengenauswahl. Da eine komplette Umfrage via Twitter sicher etwas aufwendig geworden wäre, haben wir unseren Newsletter eingesetzt. Da dieser regelmäßig interaktive Element enthält, war es nur die logische Fortführung, unsere Kunden mit relativ simplen Fragen die relativen Mengenverteilungen der Red Light DC Shirtfarben preisgeben zu lassen. Sprich, wir haben die immer noch dominante schwarze Farbe als Referenz verwendet und haben über Schulnoten abgefragt, welche Farben für die einzelnen Kunden in Frage kämen. Bei 10.000 ausgewählten Kunden hatten wir mit 20% Response nicht nur einen fantastischen Wert im Rücklauf, sondern auch ein mehr als repräsentatives Ergebnis in dieser Umfrage, was unsere interne Zielgruppe betrifft. Im Rückblick kann ich auch sagen, dass diese Disposition sich absolut mit dem anschließenden Kaufverhalten gedeckt hat.
Wie eingangs gesagt, es wurde nicht nur Umsatz gemacht, sondern auch wirklich Geld verdient!
Facebook hatte in diesem Projekt nur eine flankierende Bedeutung, da Facebook lediglich durch die Integration unserer Tweets auf unserem Facebook-Profil nur mittelbar zu den Ergebnissen beigetragen hat. Allerdings muss ich mir ja auch noch eine Success Story für die Zukunft übrig lassen. Der Blog muss ja weitergehen.
Ich freue mich auf Ihre/ Eure Kommentare – gern kontrovers!
Finde ich toll, dass einmal aufgezeigt wird welches Potenzial hinter social networks steht! Meisten Leute glauben ja es ist reine Bauernfängerei! Gut so! Weiter so!